Erster Markenartikel der Schweiz
Der Anfang des Glarner Schabzigers liegt in grauer Vorzeit und Ziger war über Jahrhunderte eine wohl eher fade Angelegenheit. Die Legende erzählt seit eh und je, dass die graue Masse irgendwann sogar den frommen Stiftsdamen des Klosters Säckingen zu langweilig war. Dem Kloster mussten die Glarner Steuern abliefern. Die Klosterfrauen hätten dann den bleichen Ziger mit dem grünen Zigerkraut (Trigonella melilotus caerulea) farblich, vor allem aber geschmacklich aufgepeppt. Falsch, sagt der Historiker Beat Frei, Mitherausgeber des Buches „550 Jahre Schabziger – Geschichte und Rezepte“. Es gibt keinen einzigen Hinweis, dass das süddeutsche Kloster Säckingen bei der Herstellung von Schabziger mitmischte. Schabziger ist viel eher eine rein glarnerische Erfindung.
Fündig wurde Frei bei seinen Ziger-Recherchen nicht primär in Glarus, sondern vor allem in Zürich. Zürich war der Hauptabnehmer für die Glarner. Dort wurden 1429 die ersten Vorschriften und auch die Preise festgehalten. Ein Stein Glarner Ziger etwa vier Pfund kostete 16 Pfenning. Ziger war zu jener Zeit der Exportschlager Nummer eins des Glarnerlandes. An ihm verdienten die Bauern, die Händler, die Schiffer, und solch einen Verdienst wollte man sich nicht von Pfuscherrn im eigenen Land oder gar von Fremdanbietern jenseits der Glarner Grenze kaputt machen lassen. Am 24. April 1463 genehmigte die Glarner Landsgemeinde darum die Verordnung unter dem Titel „Von Ziger ze machen“. Genaue Vorschriften regelten die Herstellung und jeder Produzent musste sein eigenes Zeichen auf dem Zigerstock anbringen. Die Marke Glarner Schabziger war geboren. Für Glarner Ziger galt bereits 1463 das moderne Gebot der Rückverfolgbarkeit, das erst 1992 im schweizerischen Lebensmittelgesetz verankert wurde. Man wollte im Glarnerland schon früh wissen, wer an der Produktion beteiligt war.
Später wurde auch der Anbau des Zigerklees geregelt: Anfangs des 17. Jahrhunderts wurde festgestellt, dass zahlreiche Leute den Zigerklee ausserhalb des Landes verkauften. Um nicht selber Mangel zu leiden, wurde dieser Verkauf immer mal wieder verboten. Auch Lebensmittelfälscher gab es schon damals. Sie mischten andere Pflanzen in den Ziger, was umgehend bestraft wurde.
Ziger wurde gar zum Spekulationsobjekt. Mitte des 16. Jahrhunderts wurden die Kaufmengen festgesetzt, weil der Ankauf und das Horten grosser Mengen den Ziger verteuert hat. Das führt zur Frage, wie man den Ziger in früheren Zeiten genoss. Frei geht davon aus, dass Glarner Schabziger aus entrahmter Milch der ärmeren Bevölkerung als billiger Käseersatz diente und zudem früher wie heute den Speisen einen würzigen Geschmack gab. Spezielle Gewürze wie Pfeffer oder fremdländische Kräuter konnte sich damals der normale Bürger nicht leisten.
Im 18. Jahrhundert wurde die Zigerher-stellung mit wassergetriebenen Maschinen etwa der Zigerreibe industrialisiert. Ziger-reiben dienen dazu, den weissen Rohziger zu reiben und mit dem Klee zu vermischen. Um 1900 erlebte die Zigerherstellung ihren vorläufigen Höhepunkt. Holland, Deutschland und gar die USA waren grosse Absatzmärkte. 1914 wurden 1200 Tonnen Schabziger produziert. Tempi passati. Im vergangenen Jahrhundert ging eine Zigermanufaktur nach der anderen zu. Von den zehn Zigerfabriken um 1920 waren 1948 noch sieben übriggeblieben. Neue Milchprodukte kamen auf den Markt, Gewürze kann sich heute jeder leisten, der Ziger geriet in den Ruf des Altmodischen.
1946 wurde die Genossenschaft der Zigerfabrikanten unter dem Kürzel GESKA als Aktiengesellschaft neu gegründet. Aber der Sinkflug hielt an. Schliesslich blieb nur noch eine Zigerfabrik übrig. Im Jahr 2000 erwarben Milchproduzenten, Zigerabnehmer und Privatpersonen die GESKA vom nunmehr alleinigen Besitzer Swiss Dairy Food. Die noch verbliebene Produktionsstätte wurde von Oberurnen and den heutigen Standort in Glarus verlegt. 2003 wurden die Aktien der GESKA AG an die Inhaber Johannes Martin Trümpy und seinem Schwager Rudolf Zobrist verkauft. Ab 2014 ging die Firma in den Alleinbesitz von Johannes M. Trümpy und seiner Tochter Sarah über. Nach der Pensionierung von Johannes M. Trümpy übernahm Sarah Trümpy die Geschäftsführung. 2016 übernahm dann der Verwaltungsratspräsident der Glarner Milch AG, Hermann Luchsinger, die Geschäftsleitung der GESKA. Heute beschäftigt die Geska AG nach eigenen Angaben 16 Vollzeit- und drei Teilzeitangestellte.
Gesichter der jüngeren Schabziger-Geschichte
Johannes Martin Trümpy wurde 1949 in Glarus geboren. Sein Vater Samuel Traugott Trümpy war ein gelernter Koch und führte in Glarus ein Feinkostgeschäft. Johannes M. Trümpy blieb in der Branche, machte eine Lehre zum Handelskaufmann, dann rasch Karriere in verschiedenen Lebensmittel- und Handelsunternehmen. Bevor er die GESKA übernahm war er Vorsitzender der Geschäftsleitung der zu COOP Schweiz gehörenden Import Parfumerie und für 90 Läden und 650 Angestellte verantwortlich.
Johannes M. Trümpy war es schon immer ein Anliegen, das Unternehmen aus in Zukunft als Familienbetrieb zu erhalten. So wurde seine Tochter Sarah Trümpy schrittweise in das Amt des CEO's eingeführt. Dank ihrer Ausbildung in Marketing, Verkaufsleitung und ihrem Abschluss des Executive MBA Marketing an der HWZ Zürich war sie bestens auf das Amt vorbereitet. Die beruflichen Erfahrungen sammelte sie in verschiedenen Funktionen unter anderem bei der Migros oder Valora.
Hermann Luchsinger war bereits seit 2009 als Verwaltungsratspräsident der Glarner Milch AG in das Thema Schabziger involviert. Sein Ziel ist es, die weitere Schaffung von Synergien zwischen der GESKA und der Glarner Milch AG, der 49%-Beteiligungsfirma der GESKA und zu 51% im Besitz der Milchproduzentengenossen-schaft Glarus steht. Luchsinger, heimat-berechtigt in Schwanden und Muttenz, wurde 1956 in Basel geboren.
Während vieler Jahre prägte das markante Gesicht von Johann Jakob Dürst die Werbung der GESKA für ihren Schabziger. Er wurde 1918 in Obstalden geboren und war Landwirt. Dürst starb 2005 in Glarus.
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